MIR-Newsletter

Der MIR-Newsletter informiert Sie regelmäßig über neue Inhalte in MEDIEN INTERNET und RECHT!

Schließen Abonnieren
MIR-Logo mobil

Logo MEDIEN INTERNET und RECHT
Logo MEDIEN INTERNET und RECHT

Kurz notiert



Thomas Gramespacher

Zypries stellt Gesetzesentwurf mit Änderungen im Patent-, Marken- und Urheberrechtsgesetz vor - Erstattunsfähige Anwaltskosten für Abmahnungen gegenüber Privaten max. 50 EUR

MIR 2006, Dok. 227, Rz. 1


1
Am 17.11.2006 hat die Bundesministerin der Justiz, Brigitte Zypries, einen Gesetzesentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Stärkung und Durchsetzung des geistigen Eigentums (2004/48/EG, ABl EU Nr. L 195 S. 16) vorgestellt.
Mehrere Gesetze zum Schutz des geistigen Eigentums werden novelliert und weitgehend wortgleich geändert; namentlich: das Patentgesetz, das Markengesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Halbleitergesetz, das Urheberrechtsgesetz, das Geschmacksmustergesetz und das Sortenschutzgesetz. Zudem passt der Gesetzentwurf das deutsche Recht an die neue EG-Grenzbeschlagnahme-Verordnung an. Ebenso enthält der vorgelegte Gesetzesentwurf eine Anpassung an eine EG-Verordnung zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel und schließt hinsichtlich der unberechtigten Verwendung von geographischen Herkunftsangaben eine Strafbarkeitslücke.

Besserer Schutz vor überzogenen Abmahnkosten für private Urheberrechtsverletzer
Insbesondere für die Privatanwender, d.h. Verbraucher soll das Gesetz eine wesentliche Verbesserung im Bereich urheberrechtlicher Abmahnungen bringen. In einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs werden die erstattungsfähigen Anwaltsgebühren mit 50 EUR begrenzt. (MIR berichtete: § 97a UrhG - Begrenzung der Kostenerstattung bei urheberrechtlichen Erstabmahnungen von Privaten - MIR Dok. 165-2006).

"Wer keine geschäftlichen Interessen verfolgt, ist zukünftig vor überzogenen Abmahnkosten besser geschützt", betonte Zypries.

Das BMJ bildet folgendes Beispiel:
Die Schülerin S. (16 Jahre) hat im Juli 2006 in einer Internet-Tauschbörse ein einzelnes Musikstück zum Download angeboten, was eine Urheberrechtsverletzung gem. §§ 19a, 106 UrhG darstellt. Das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren wurde in der Folge wegen Geringfügigkeit eingestellt. Eine Rechtsanwaltskanzlei hat die Schülerin allerdings abgemahnt, die Angabe einer Unterlassungserklärung gefordert und (gemessen an dem Gegenstandswert) ein Anwaltshonorar von 2.500 EUR festgesetzt.

Mit der Gesetzesänderung kann die tätig gewordene Kanzlei für ihre anwaltlichen Dienstleistungen im Bereich urheberrechtlicher Abmahnungen nur 50 EUR erstattet verlangen, wenn es sich um einen einfach gelagerten Fall mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung handelt. Unberührt von dieser Begrenzung sollen allerdings die Vergütungsansprüche des Rechtsanwalts gegen seinen Mandanten, also etwa den Rechteinhaber, bleiben.

Eine entsprechende Änderung sei bei den übrigen Schutzrechten wie dem Marken- oder Patentrecht nicht erforderlich, da hier Abmahnungen ohnehin nur ausgesprochen werden können, wenn das Recht in gewerblichem Ausmaß verletzt wird, so die Mitteilung des BMJ.

Auskunftsansprüche des Rechteinhabers gegen Dritte
Ferner sollen Rechtsinhaber künftig unter bestimmten Voraussetzungen auch einen Auskunftsanspruch gegen Dritte (wie z.B. Internet-Provider oder Spediteure) haben, wodurch es dem jeweiligen Rechteinhaber möglich wird, den Rechtsverletzer mit zivilrechtlichen Mitteln selbst zu ermitteln. Die gerichtliche Durchsetzung seiner Rechte soll dem Rechteinhaber damit erleichtert werden. Dieser Auskunftsanspruch tritt damit neben den bereits heute normierten Auskunftsanspruch des Rechteinhabers gegen denjenigen, der geistiges Eigentum verletzt hat (vgl. etwa § 101a UrhG).

Berechnungsgrundlage für Schadenersatz nach Wahl des Verletzten
Weiterhin sieht der Gesetzesentwurf vor, dass es dem Verletzten fortan obliegt zu entscheiden, was als Grundlage für die Berechnung des Schadenersatzes dienen kann. Im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung stellt der Entwurf klar, dass nach Wahl des Verletzten neben dem konkret entstandenen Schaden auch der Gewinn des Verletzers oder eine angemessene fiktive Lizenzgebühr - d.h. das Entgelt, dass für die rechtmäßige Nutzung des Rechts zu zahlen gewesen wäre - als Grundlage für die Berechnung in Frage kommen.

Grenzbeschlagnahmeverordnung: Vernichtung von Piraterieware
Die EU-Grenzbeschlagnahmeverordnung - deren Vorschriften im Allgemeinen unmittelbar anzuwenden sind - sieht Maßnahmen zum Schutz des geistigen Eigentums unmittelbar an den Außengrenzen der EU vor. Dies soll verhindern, dass gefälschte Waren überhaupt in die EU eingeführt werden können. Die Verordnung regelt auch die Vernichtung beschlagnahmter Piraterieware. Die Anwendbarkeit dieser Regelung hängt jedoch davon ab, dass die Mitgliedstaaten sie billigen, d.h. in ihr nationales Recht übernehmen. Diese Anpassungen sieht der Gesetzesentwurf nunmehr vor.

Gegenwärtig kann die beschlagnahmte Ware nur vernichtet werden, wenn die Verletzung des Rechts gerichtlich festgestellt wurde. Die neue Verordnung sieht ein vereinfachtes Verfahren vor, wonach die Vernichtung auch dann möglich ist, wenn der Verfügungsberechtigte nicht innerhalb einer bestimmten Frist widerspricht.

Vorlage und Sicherung von Beweismitteln - Schutz geographischer Herkunftsangaben
Künftig wird der Rechteinhaber - bei hinreichender Wahrscheinlichkeit einer Schutzrechtsverletzung - einen Anspruch gegen den Verletzer auf Vorlage von Urkunden und die Zulassung der Besichtigung von Sachen haben, der über die nach der Zivilprozessordnung bereits bestehenden Möglichkeiten hinausgeht. Der Anspruch erstreckt sich gegebenenfalls auch auf die Vorlage von Bank-, Finanz- und Handelsunterlagen. Handelt es sich allerdings um vertrauliche Unterlagen bzw. macht der Verletzer dies geltend, trifft das Gericht die erforderlichen Maßnahmen, um die Vertraulichkeit zu sichern.

Außerdem wird die zivilrechtliche Durchsetzung von Schutzrechten auch für geographische Herkunftsangaben erleichtert und durch die Änderung des Markengesetzes soll ein strafrechtlicher Schutz für solche geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen geschaffen werden, die auf europäischer Ebene nach der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates vom 20.März 2006 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. EU Nr. L 93 S. 12) geschützt sind (Bsp.: "Spreewälder Gurken").

Urteilsbekanntmachungen bei allen Schutzrechten
Der Rechteinhaber kann bereits jetzt bei der Verletzung eines Urheber- oder Geschmacksmusterrechts die Veröffentlichung des Gerichtsurteils beantragen. Diese Möglichkeit wird nunmehr auf alle Rechte des geistigen Eigentums erstreckt.

Quelle: Mitteilung an die Prese des BMJ vom 17.11.2006

Anm. der Redaktion: vgl. hierzu auch "§ 97a UrhG - Begrenzung der Kostenerstattung bei urheberrechtlichen Erstabmahnungen von Privaten", MIR Dok. 165-2006, Rz. 1-6 und "Deckelung" des Gegenstandswertes für Schutzrechtsabmahnungen gegenüber Privatanwendern bzw. Verbrauchern", MIR Dok. 064-2006, Rz. 1-15)

Online seit: 17.11.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/445
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
dejure.org StellenmarktAnzeige