Rechtsprechung
LG Berlin, Urteil vom 5.09.2006 - Az. 103 O 75/06
Die Eröffnung eines eBay-Shops lässt für sich genommen die Unternehmereigenschaft im Sinne des § 14 BGB noch nicht vermuten. Jedoch kann die Anzahl und der Gebrauchszustand der bei eBay eingestellten Artikel auf eine nebenberufliche gewerbliche Tätigkeit hindeuten, die über gelegentliche Verkäufe im Rahmen der privaten Haushaltsführung hinausgeht.
BGB § 14, § 312 c Abs. 1; BGB-InfoV § 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 10; UWG § 4 Nr.11, § 8 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4
Leitsätze:*1. Unternehmer ist, wer in Ausübung seiner gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt, also am Markt
planmäßig und dauerhaft Leistungen gegen Entgelt anbietet. Dabei ist es unerheblich, ob die Tätigkeit nebenberuflich oder
mit Gewinnerzielungsabsicht erfolgt.
2. Die Eröffnung eines eBay-Shops lässt für sich genommen die Unternehmereigenschaft im Sinne des § 14 BGB noch nicht vermuten.
Jedoch kann die Anzahl und der Gebrauchszustand der bei eBay eingestellten Artikel auf eine nebenberufliche gewerbliche
Tätigkeit hindeuten, die über gelegentliche Verkäufe im Rahmen der privaten Haushaltsführung hinausgeht.
3. Das Anbieten von ca. 100 Artikeln innerhalb eines Monats, von denen 3/5 einer Warengruppe angehören und von denen wiederum allein
1/3 als "neu" gekennzeichnet wurden, spricht für eine Unternehmereigenschaft. Insbesondere der hohe Anteil von Neuwaren ist
für Verkäufe aus dem Haushalt ungewöhnlich und spricht für eine gewerbliche Tätigkeit. Zudem kann die Relation von Kauf-
und Verkaufstätigkeit für eine unternehmerische Tätigkeit sprechen (Hier vermittelte die gesamte Kauf- und Verkaufstätigkeit der
Antragsgegenerin den Eindruck eines schwunghaften Handels mit Kinderbekleidung, wie sie vergleichbar in einem Second- Hand- Laden
vorgenommen wird. In einem Zeitraum über knapp 3 Monaten waren mindestens 4 Weiterverkäufe noch feststellbar.).
4. Soweit ein eBay-Händler zur Angabe seines Namens, seiner Anschrift und des Hinweises auf ein bestehendes Widerrufs- bzw.
Rückgaberecht gemäß § 312 c BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 10 BGB-InfoV verpflichtet ist, sind diese Angaben auch vor Abgabe der
Vertragserklärung des Verbrauchers zu machen (§ 312 c Abs. 1 BGB). Es reicht gerade nicht aus, wenn die persönlichen Daten des Verkäufers
dem Erwerber erst zum Zeitpunkt des Zuschlags übermittelt werden.
5. Eine hohe Zahl von Abmahnungen in vergleichbaren Fällen allein reicht nicht aus, um einen Rechtsmissbrauch anzunehmen. Der
Gesetzgeber hat durch die Verschärfung der Voraussetzungen für die Klagebefugnis der Verbände dafür gesorgt, dass die früher
bestehenden sogenannten Abmahnvereine nicht mehr existieren. Die Überwachung der Einhaltung der Wettbewerbsregeln wurde damit in
erster Linie in die Hände der Mitbewerber selbst gelegt. Wenn ein Unternehmer dies ernst nimmt und deshalb im größeren Umfang
Mitbewerber abmahnt, kann dies nicht dazu führen, ihm Rechtsmissbrauch vorzuwerfen.
MIR 2006, Dok. 202
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 27.10.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/420
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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